Arch. Phytopath. Pjlanz., 1994, Vol. 29, pp. 1-12 ...
Arch. Phytopath. Pjlanz., 1994, Vol. 29, pp. 1-12
0 1994 Harwood Academic Publishers GmbH
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MORPHOLOGISCHE UND HISTOLOGISCHE
VEtiNDERUNGEN AN TEMPERATUR- UND
WASSERGESTRESSTEN ACKERBOHNEN- UND
GERSTENPFLANZEN
SIEGFRIED RICHTER
Universitüt Leipzig, Studienprogramm AgrarwissenschafCen;
Wissenschaftsbereich Tropische Landwirtschajt, AG Pflanzen- und
Vorratsschutz, Fichtestrafle 28, 04275 Leipzig-Deutschland
MAMADOU BALDE
Institut senegalais de la recherche agricola (ISRA) Bambey-Senegal
*
FRED EHRIG
Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpjlanzen, Institut für
Resistenzforschung Aschersleben, Theodor-Roemer- Weg, 06449 Aschersleben,
Deutschland
Die Ergebnisse lieBen Veranderungen der Stomataapertur und der Ultrastt-uktur der Chloroplasten an
den untersuchten Pflanzen erkennen. Mit steigender Temperatur (30°C) und zunebmender Boden-
feuchtigkeit (85% WK) nahm die Gffnung der Stomata an Ackerbohne und Sommergerste im
Gegensatz zu ihren optimalen Entwicklungsbedingungen von 22°C und einer Wasserkapazitat des
Bodens von 55% zu.Es konnten Beziehungen zwischen Wassergehalt des Bodens und Stomataapertur
der Pflanzen ermittelt werden. HitzestreB ais auch WasserüberschuB beeintrachtigten die Struktur der
Chloroplasten starker ais niedrige,Temperaturen
(10 und 15 “C) und Wassermangel (40%). Wahrend
bei 22°C und 55% WK keine Schadigungen der Zellorganellen auftraten, schadigten HitzestrcB und
WasserüberschuB die Struktur der Chloroplasten, Mitochondrien und Ribosomen starker ais niedrige
Temperaturen tmd Wassermangel. Mit Abweichung von optimalen Entwicklungsbedingungen der
Pflanzen war eine Zunahme der Plastoglobuli zu verzeichnen.
Die Ergebnisse zeigen, daB dit vcrminderte Wirtseignung der Pflanzen fur Blattlause unter
extremen StreBbedingungen ihre Ursachen weitestgehend in der Zerstorung der inneren Struktur des
pflanzlichen Gewebes findet.
SCHLÜSSELWGRTER: StreB, Temperatur, Wasser, Morphologie. Histologie, Ackerbohne, Gerste
Universitat Leipzig, WB Tropische Landwirtschaft, Dr. S. Richter, FichtestraBe 28: 04275 Leipzig-
Deutschland
n

2
S. RICHTER E’f AL.
MORPHOLOG1CA.L AND HISTOLOGICAL CHANGES IN
TEMPERATURE- AND WATER-STRESSED BROAD BEAN AND
BARLEY PLANTS
Procceding from optimum conditions for thc growth of broad bean and spring barley of 22°C and
moderatc water supply of thc soi1 of 55% watcr capacity, thc stomata statc advanccd with rising
temperaturc and especially increasing soi1 moisture. Heat stress as well as surplus water excrcised a
greater influence on the ultrastructure of thc ccl1 than low tcmpcratures and water dchcicncy. Thus,
especially the structures of chloroplasts, mitochondria and ribosomcs werc afkctcd ami damaged.
respectivcly.
By deviating from growth optimum, the numbcr of plastoglobuli was increased. The results show
that the diminisbed host suitabihty ta the aphides under extreme stress conditions arc causcd by thc
destruction of the interna1 structum of plant tissuc.
KEY WORDS: stress, temperature. watcr, morphology, histology. broad bean, barlcy
EINLEITUNG
Die Umweltstressoren stellen limitierende Faktoren beim Anbau wie auch bei der
Erweiterung der Anbauflache von kulturpflanzen dar. Die weltweit festzustellen-
den betrachtlichen Schwankungen der Agrarproduktion sind vielfach auf den
EinfluB abiotischer StreBfak:toren, wie Trockenheit, überschwemmung. Versal-
zung und TemperaturstreB zurückzuführen (Cherry, 1989). Unter dem Begriff
StreB werden nach Larcher (1987) im allgemeinen in der Pflanzenphysiologie
samtliche Belastungssituationen verstanden, die in einem Organismus Abwei-
chungen vom Normalverhalten auslosen. Durch die StreBfaktoren wird die
Moglichkeit der optimalen Umsetzung des genetischen Potentials der Pflanzen
für Wachstum, Entwicklung und Reproduktion mehr oder weniger stark beein-
trachtigt. Um diese Abweichung vom Lebensoptimum überwinden zu konnen,
versucht der gestreBte Organismus zum Ausgleich seiner Belastung Energie zu
mobilisieren. In diesem Zusammenhang ist die Frage, ob ein bestimmter
Organismus in einer gegebenen Situation StreB erfahrt, nur mit einem Vergleich
zum Normalverhalten zu beantworten. Demzufolge ist nicht die Intensitat des
Reizes von Esedeutung, son,dem die Antwort des Organismus selbst. Insofern
herrscht definitionsgemaI3 !StreB dann vor, wenn bei der Pflanze zusatzliche
Energie zur Aufrechterhaltung normaler L,ebensfunktionen aufgewendet werden
muB, d.h., wenn besondere Stoffwechselvorgtinge zur Kompensation des inneren
Milieus notwendig werden und wenn vorzeitige Abbauvorgange einsetzen
(Larcher, 1987). Nach Meinung des Autors konnen sich die Auswirkungen des
Stresses auf die Pflanze wie folgt auBem:
- Strukturdesorganisation, besonders am Photosyntheseapparat;
- Aktivitatsanderungen von Enzymen (Peroxidase, N-Reduktase, Alkoholdehy-
drogenase, Glutamatdehydrogenase);
- Neubildung und Anreicherung von bestimmten Metaboliten (Prolin, Betain),
StreBproteinen und sekundaren Pflanzeninhaltsstoffen;
- Auftreten von StreBhormonen (Abscisinsaure, Ethylen);

TEMPERATUR- UND WASSERSTRESS BEI ACKERBOHNE
3
- V&nderung der Membraneigenschaften (Permeabilitat, Stolftransporte,
Membranpotential);
- Atmungssteigerung
- Photosynthesehemmung
- Verminderung der Stoffproduktion sowie Wachstumsstorungen (Hartel, 1976;
Christiansen, 1979; Wien u.a., 1979; Larcher, 1987; Quarrie, 1989)
In der StreBforschung sind neben quantitativen Nachweismethoden (Ertrags-,
Frisch- und Trockenmassebestimmung) die physiologischen und genetischen
Analysenmethoden ais friihdiagnostische StreBhinweise von zuneh mender Be-
deutung. Im Zusammenhang mit Untersuchungen zur Beeinflussung der Erreger-
Wirt-Interaktion an den Beispielen Erbsenblattlaus - Ackerbohne und Haferlaus
- Sommergerste durch die Stressoren Temperatur und Wasser (Richter und
Balde, 1993; Balde und Richter, im Druck) sollen mit Hilfe elektronenmikro-
skopischer Nachweismethoden mogliche morphologische und ultrastrukturelle
Veranderungen an den Ptlanzen erfaBt werden, um SO zur komplexeren
Intepretation gewonnener Ergebnisse über Temperatur- und WasserstreB auf die
Erreger-Wirt-Interaktion beizutragen.
MATERIAL UND METHODEN
Pjlanzenanzucht
Die Anzucht der Versuchspflanzen erfolgte bis zur vollstandigen Ausbildung des
2. Blattpaares bei Vicia faba bzw. im DC 1ZStadium bei Hordeum vulgare zum
Komplex Temperatur in Klimakammem bei jeweils 10, 15, 22 und 30°C wobei
generell auf eine Wasserkapazitat (WK) von 55% gegossen wurde.
Die Pflanzen zum Komplex Wasser wurden unter Gewachshausbedingungen
kultiviert. Vor der Überführung in die Klimakammer, wo einheitlich Tempera-
turen von 22 bzw. 30°C herrschten, wurden die VersuchsgefaWe auf eine
Wasserkapazitat von 40, 55 und 85% eingestellt. Die Wassergabe in der
nachfolgenden Versuchszeit erfolgte unter Beriicksichtigung der Differenzme-
thode, wobei die tagliche Wassergabe aus der Summe des Gewichtes absolut
trockener Erde, der Garantierung der entsprechenden WK und des leeren
Topfgewichtes ermittelt wurde (Balde, 199 1).
In den Klimakammern (KPW-mytron) war eine einheitliche Belichtungsdauer
von 12 Stunden bei einer Intensitat von 3000 lx (3 1,5 Watt/m2) sowie eine
relative Luftfeuchtigkeit von 60 bis 80% gegeben.
Die Probenahme erfolgte 10 Tage nach Erreichen der o.g. Entwicklungsstadien
der Pflanzen.
Probeentnahme
Ausgehend von der Tatsache, dal3 sich StreB systematisch auf alle Organe
auswirkt, selbst wenn nur ein begrenzter Bereich der Pflanze belastet wird
(Larcher, 1987), wurde das Untersuchungsmaterial einheitlich aus der Mitte der
Blattspreite des 2. Blattes (Gerste) bzw. des 2. Blattpaares (Ackerbohne)

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S. RICHTER ET AL
entnommen. Für rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen wurden Blatt-
stücke von ca. 25 mm2 (5 mm x 5 mm) und für Transmissionsuntersuchungen 3
mm2 (1 mm x 3 mm) mittels eines Skalpells geschnitten und in Glutaraldehyd-
losung (3%; ph 7,4) fixiert. Die weitere Aufbereitung des Pflanzenmaterials und
die anschliel3enden Untersuchungen fanden am damaligen Institut für Phytopa-
thologie Aschersleben statt.,
Probenvorbereitung und Urztersuchungen
Für die rasterelektronenmikroskopischen Untersuchungen wurden für die in der
Glutaraldehydlosung fixierten Proben zunachst die kritische Punkttrocknung
durchgeführt und anschlieBend in einer Sputteranlage mit Gold-Paladium
bedampft. Die Proben wurden mit einem Rasterelektronenmikroskop ISI-40
untersucht. Zur Erfassung moglicher Veranderungen der Ultrastruktur der Zellen
wurden Ultradünnschnitte angefertigt, urn sie anhand von Transmissionsunter-
suchungen zu bewerten. Dazu wurden die Proben in 0,66%iger Osmiumsaure
nachfixiert. Nach Anfertigung der Ultradünnschnitte am LKB-Ultrotome (Schwe-
den) wurden diese 10 Minuten mit Uranylacetat und Bleicitratlosung doppel-
kontrastiert. Daran schlol3 sich die Auswertung am Elektronenmikroskop (JEM-
100B Jeol, Japan) an.
ERGEBNISSE
Morphologische Untersuchungen
Im Rahmen morphologisch,er Untersuchungen ging es im wesentlichen um die
Veranderung der Oberflachenbeschaffenheit der Pflanzen und der Spaltoff-
nungen, welche eine entscheidende Bedeutung bei der Regulierung des Gasau-
stausches mit der Umwelt besitzen. Dabei konzentrierten sich die Beobachtungen
besonders auf die StomataaLpertur.
EinjluJ der Temperatur
Zwischen der Gffnung der Stomata und der Umgebungstemperatur bestand eine
enge Wechselbeziehung. Unabhangig von der Pflanzenart offnen sich die Stomata
mit steigenden Temperaturen, wobei eine pflanzenartspezifische &Bnmgsweite
.
zugunsten der Ackerbohne zu beobachten war. Wahrend die Spaltoffnungen von
Vicia faba bei 10 und 15°C geschlossen blieben, befanden sie sich unter
Einwirkung von 30°C in einem weit geoffneten Zustand (Abb. 1).
Im optimalen Wachstumsbereich von ;!2”C konnten sowohl geschlossene ais
auch leicht geoffnete Stomata beobachtet werden. Wahrend bei Ackerbohnen-
pflanzen die meisten Keulenhaare durch die Hitze stark geschadigt waren,
wurden die Grannenhaare der Sommergerste durch den HitzestreB nicht
beeintrachtigt.
EinjluJ der Wasserversorgung
Es konnte sowohl an Ackerbohnen als auch an Gerstenpflanzen festgestellt

TEMPERATUR- UND WASSERSTRESS BEI ACKERBOHNE
Ahbildung 1 Stomataapertur bei Vicia faba
a) geschlossene Stomata bei 15 “C
b) geschlossene und offene Stomata bei 22°C
c) sehr weit geoffnete Stomata bei 30°C
d) übersichtsaufnahme bei 22’C
e) geschkdigtes Keulenhaar bei 30°C
werden, daI3 sich die Stomata unter den optimalen Temperaturbedingungen von
22°C mit steigendem Wasserangebot zunehmend Hneten. Wahrend die Spal-
toffnungen bei Wassermangel (40% WK) geschlossen blieben, lagen sie bei einer
Wasserkapazittit von 85% weitgehend in geoffnetem Zustand vor (Abb. 2).
I

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S. RICHTER KZ’ AL,,
Abbildung 2 EinfluB der Wasserversorgung auf die Stomalaapertur und Wachsstruktur bei 22°C
a) Stomata van Vicia faba bei 40% Wasserkapazit&t geschlossen
b) offene Stomata won Vicia faba bei 85% Wasserkapazitztt
c) geschlossene Stomata van Hordeum vulgare bei 40% Wasserkapazittit
d) offene Stomata won Hordeum vulgate bei 85% Wasserkapazittit
e) Wachsstruktur van Hordeum vulgart: bei 40% Wasserkapazitat
f) Wachsstruktur van Hordeum vulgare bei 85% Wasserkapazitat

TEMPERATUR- UND WASSERSTRESS BEI ACKERBOHNE
1
Weitere Untersuchungen der Blattoberflache von Hordeum vulgare zeigten
eine leichte Veranderung der Wachsstruktur im Zusammenhang mit dem
Wassergehalt des Bodens. Wahrend diese beim TrockenstreB kompakter erschien,
war sie bei hoher Bodenfeuchtigkeit locker angeordnet. Zwischen der Stomataa-
pertur und der Wasserversorgung konnten sowohl bei 22°C als auch bei 30°C
ahnliche Beziehungen festgestellt werden. Wahrend die Stomata bei Wasserman-
gel geschlossen blieben, offneten sie sich unter hohen Feuchtigkeits- und
Hitzebedingungen nahezu auf ihr Maximum. Diese Tatsache bestatigt die
Feststellung, dal3 die Offnung der Stomata (Stomatabewegung) in hohem Grad
von der Wasserbilanz abhangig ist (Lundegardh, 1968). SO werden die Stomata
unabhangig von den herrschenden Umgebungstemperaturen geschlossen, wenn
das Wasserdefizit der SchlieBzellen steigt.
Im Vordergrund dieser Untersuchungen stand die Ermittlung moglicher Veran-
clerungen in der Struktur bestimmter Organellen wie Mitochondrien, Ribosomen
und vor allem Chloroplasten als Zentrum der Photosynthesc.
Iri~~fluj der Temperaturen
IJnter den Temperaturbedingungen von 15 und 22’ C erfuhren die Chloroplasten,
die Mitochondrien und die Ribosomen keine Veranderung. Die Chloroplasten
unterschieden sich bei 10 und 15 “C von denen bei 22 “C nur durch die Anzahl
und GroBe ihrer Plastoglobuli, die unter den kühleren Bedingungen relativ haufig
auftraten. Da sie osmiophile Eigenschaften aufweisen, werden sie bei der
elektronenmikroskopischen Praparation mit Osmiumsaure besonders intensiv
gefarbt. Im Gegensatz dazu waren bei 30°C einige wesentliche strukturelle
Veranderungen besonders an den Chloroplasten beider Pflanzenarten zu beob-
achten. Obwohl die Struktur der Thylakoiden (Grana und Stroma) intakt
erschienen, wurden die Hüllmembranen der Chloroplasten und einiger Mito-
chondrien beschadigt (Abb. 3).
Die meisten Mitochondrien waren zerstort und der Tonoplast weitgehend
aufgelost. Gleichzeitig waren eine besonders starke Anreicherung an Plastoglobuli
und eine intensive Vakuolisierung des Protoplasmas unter diesem HitzestreB zu
beobachten.
Einji’uJ der Wasserversorgung
Bei den Untersuchungen unter 22°C konnte festgestellt werden, dal3 sowohl
extrem niedriges als auch hohes Wasserangebot bei den Kulturpflanzen zur
Beeintrachtigung der Chloroplasten führte, wobei sich der AbbauprozeB bei
Trockenheit langsamer als bei hoher Bodenfeuchtigkeit vollzog. Im Gegensatz zu
der relativ optimalen Wasserversorgung von 55% WK konnten unter den
TrockenstreBbedingungen (40% WK) nur diffuse Thylakoide beobachtet werden.

8
S. RICHTER 13T ,4L.
A b b i l d u n g 3 EinfluI3 der Temperatur auf die Chloroplasten
a) intakter Chloroplast und Mitochondrium van Hordeum vulgare bei 22°C
b) Chloroplast und zerplatztes Mitochondrium van Hordeuml vulgare bei 30°C
c) intakter Chloroplast und Mitochondrium van Vicia faba bei 22°C
d) intakter Chloroplast van Vicia faba bei 15°C
(M- Mitochondrium, HM- Hiillmembran, St- Stroma, TH- Thylakoide, G- Grana, ZW- Zellwand)

TEMPERATUR- UND WASSERSTRESS BEI ACKERBOHNE
9
A b b i l d u n g 4 EinfluB der Wasserversorgung auf die Chloroplasten
a) Chloroplast mit diffusen Thylakoiden von Hordeum vulgare bei 40% Wasserkapazitat
b) Chloroplast mit starker Starkeeinlagerung von Hordeum vulgare bei 55% Wasserkapazitat
c) zerplatzter Chloroplast von Hordeum vulgare bei 85% Wasserkapazitat
d) intakte Chloroplasten und Mitochondrien von Vicia faba bei 55% Wasserkapazitat
e) geschadigter Chloroplast von Vicia faba bei 85% Wasserkapazitat
(M- Mitochondrium, HM- Hüllmembran, ST- Stroma, TH- Thylakoide, G- Grana. ZW- Zellwand)
Die Hüllmembranen waren v6llig aufgelost, wobei die Grundform der Chloro-
plasten noch erhalten blieb (Abb. 4).

1 0
S. RICHTER E:‘T AL.
Demgegenüber waren unter dem EinfluB extremer Bodenfeuchtigkeit (85%
WK) vorwiegend zerplatzte Chloroplasten festzustellen. Es zeigte sich, daB die
Ackerbohne im Vergleich zur Gerste toleranter gegenüber hoher Wasserkapazitat
im Boden ist.
Bei HitzestreB (30°C) konnte für die geprüften Wasserkapazittiten kein
nennenswerter EinfluB auf die Ultrastruktur der pflanzlichen Zellen beobachtet
werden. Das tri@ auch für die Sommergerste bei den kühleren Temperaturbe-
dingungen von 10°C zu. Das deutet darauf hin, daB bei hoheren bzw. niedrigen
Temperaturen der EinfluB des Wassers und der Temperatur sich erganzen.
DISKUSSION DER ERGEBNISSE
Durch rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen konnten zwischen der
Stomataapertur und den Prüftemperaluren Beziehungen hergestellt werden. Die
Offnungsweite der Stomata, die auBer von der Temperatur besonders von den
StellgroBen Licht und Wasser bedingt wird., ist das Ergebnis der interzellularen
CO,-Konzentration, die ihrerseits die Photosynthese beeinfluBt. Bei der Regu-
lierung des Gasaustausches und des Wasserhaushaltes besitzen die Stomata nach
Raschke und Hendrich (1985) für hohere PAanzen eine Schlüsselrolle. Zwischen
der Stomataapertur und der Abscisinsaure, welche in den Chloroplasten der
Mesophyllzellen und vermutlich auch in den SchlieBzellen produziert wird.
besteht eine enge Beziehung (Goldbach und Goldbach, 1977; Homberg und
Weiler, 1984). Mit Steigerung der Abscisinstiurekonzentration in den Pflanzen
schlieBen sich die Spaltoffnungen, was von Outlaw und Manchester (1979) mit der
Akkumulation von Zuckern in den SchlieBzellen begründet werden kann. Auf die
Tatsache, dal3 niedrige Temperaturen neben der versttirkten Bildung des Schut-
zosmotikums Prolin auch die Synthese der Abscisinstiure induzieren und dami!
den StomataverschluB f&-dem. wiesen auch Cape11 und Dorffling (1989) hin. Die
gleiche Wirkung ruft auch TrockenstreB hervor, wobei zum einen die Bildung von
Abscisinstiure durch Verminderung bzw. Verlust des Turgors angeregt wird
(StomataverschluB) und zum anderen Strukturdesorganisationen von Membra-
nen und Organellen mit Einschrtinkung der Photosynthese einhergehen (Davies
und Meinzer, 1990; Hartung und Baier, 1990). Die weite Offnung der Stomata
bei 85% WK ist auf den dabei auftretenden Sauerstoffmangel im Boden
zurückzuführen, welcher durch verstarkte Atmung der Pflanzen der Wurzelver-
giftung durch CO,-Überschulj entgegen wirkt und SO die Apertur der
SchlieBzellen regelt.
Bei den Untersuchungen der Ultrastruktur der Chloroplasten konnten ebenfalls
Beziehungen zu den Einwirkungen der Stresvoren gefunden werden. SO nahm die
Zahl der lipidartigen Plastoglobuli mit Abweichung vom Wachstumsoptimum zu.
Obwohl ihre zellphysiologische Bedeutung noch nicht vollstandig aufgeklart ist.
deutet ihre Anreicherung nach Schlegel u.a. (1988) vermutlich auf intensive
Desintegration der Protein-Lipid-Schichtung bei den Zellorganellen hin. Der
Hohepunkt del- StreBeinwirkung wird offensichtlich mit der irreversiblen Schti-

TEMPERATUR- UND WASSERSTRESS BEI ACKERBGHNE
Il
digung der Hüllmembran sowie der Stroma- und Granathylakoiden der Chlo-
roplasten erreicht. Dadurch wurden nicht nur strenge Permeabilitatsbarrieren für
bestimmte zellulare Verbindungen geschaffen, sondern es wurden auch die
Enzyme der photosynthetischen Kohlenhydratbiosynthese sowie aktive Pig-
mente, die fiir die Umwandlung von Strahlungsenergie in chemische Energie
verantwortlich sind, weitestgehend zerstort. Durch die beilm TemperaturstreB
von 30°C wie auch beim WasserstreB von 85% WK bewirkte Zerstorung der
Hüllmembran und des Tonoplasten gelangen die Photosyntheseprodukte und die
in den Chloroplasten synthetisierten Proteine nicht mehr ins Phloem und
beeinflussen damit den Nahrwert der Pflanzen für die Systembibitoren unter den
Schadinsekten.
Temperatur- und WasserstreB rufen sowohl morphologische als auch ultra-
strukturelle Veranderungen an den Pflanzen hervor, wobei sie bei der Acker-
bohne in der Regel ausgepragter als bei der Sommergerste sind.
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